An einem Sonntag im Januar

Endlich. Es war Sonntag. Die Frostbeulen von der vergangenen Reise am letzten Sonntag enteist, war gestern, welch ein Zufall wieder Sonntag. Das 98. Derby stand an und brachte einen besonderen Gast mit. Den Wettergott. Es wurde ein Kick im strömenden Regen, mit Unvermögen und Können auf der Linie – Tore zum Genießen und Rote Karten als Krönung. Es war Derbyzeit. Hamburger Sport Verein gegen den SV Werder Brähmen.HSV SVW Bild

Um eines vorweg zu nehmen: Ich war leider nicht dort. 1100 Kilometer an einem Sonntag waren mir dann doch zu viel. Das Wetter wie beschrieben, ein feuchtes Unterfangen im kühlen Norden. Doch eine Stimmung, wie sie norddeutscher nicht sein könnte. Ein lautes ohrganisches Monstrum schallte die Stimmungswellen bis nach Wiesbaden und frohlockten mir ein hörbares Erlebnis.

Das Spiel begann und man hatte die Beine noch nicht oben, da knallte Rudi Rudnevs den ersten Warnschuss ab. Die Stimmung war schon zu diesem Zeitpunkt – wie auch für den restlichen Verlauf – ein stimmungstechnischer Orgasmus. Zuerst ging es wie gewohnt nach hinten los. Bremen führte durch ein frühes Tor von Lukimya, der mit dem Hinterkopf in „uns Uwe“ Zelebration einnetzte. Olé. Doch Trübsal blasen war nicht. Der Kopf wurde nicht im Sand vergraben, um wie ein verängstigter Maulwurf aus dem Erdloch hinaus zu schauen – nein, es wurde die Ruhe behalten, konzentriert und dominant sowie mit Zug zum Tor weiter nach vorne gespielt und mit Können im Abschluss agiert. Es war SON(ntag). Unser Flügelflitzer spielte in Nürnberg schon Tacheles, umkurvte die Brähmer Fahnenstange Selassie und schloss mit einem wuchtigen Kanonendonner die Plastikkugel vorbei an Fliegenfänger Mielitz in die Maschen. Experten im Doppelpass würden jetzt behaupten: „Den kann man halten, muss man aber nicht“. Richtig. Man muss den nicht halten. Ausgleich 1:1 und der Volkspark tobte.
Es war Halbzeit in Hamburg und es sollte noch besser werden.

Für die, die noch bei Kaviar und Sekt waren oder beim Anstehen am Pissoir verweilten: Ihr habt ein seltenes Kunststück verpasst. Es irritierte mich. Er hat es wirklich getan. In seinem 131. Bundesligaspiel und mit „ein bisschen Arm“ erzielte er sein erst zweites Bundesligator. Herzliche Glückwünsche, mein Freund. Ich habe schon hunderte Male über dich geflucht. Ich fluchte über dein mimoses Zweikampfverhalten und über deine Flanken, in denen so viel Unvermögen lag,  dass ich nicht wusste wohin mit Dir. Die Form steigt nach oben. Ein Tor erzielt und eines wunderbar vorbereitet. Fußball kann eben doch einfach sein, Herr AoGO!

Kommen wir zu unserem so viel beschriebenen Fehleinkauf. Ein Lette in der Bundesliga. Unser Rudi. Zu Beginn der Spielzeit sahen einige Versuche etwas lustig aus und erinnerten mich an ein Spiel in meinem Marokko-Urlaub, wo einige einheimische versuchten Fußball zu spielen. Doch!!  Wenn Fleiß und Arbeit fusionieren, dann kommt Rudnevs heraus. Herr Rudnevs ich bin froh, dass Sie in Hamburg spielen. Sie sind zwar kein Fußballästhet, aber besitzen anscheinend genau die Fähigkeit, die ein Stürmer braucht. Das Näschen. Rudnevs Tor HSV SVW

Viel mehr muss man auch nicht schreiben. Man kann – aber man muss nicht, denn jeder hat das Spiel gesehen, schon darüber philosophiert und die Schlagzeilen der Medien konsumiert. Doch als „Wer nicht hüpft, der ist ein Brähmer“ angestimmt wurde und 80 % der Zuschauer hüpften, dachte man sich: es geht doch, Leute. Da läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Was sind 1100 Kilometer für dieses erhabene Gefühl?

Mein Fazit: Ein Arnautovic in Bestform, meckernde Brähmer und schuldige Schiedsrichter. Ein Adler mit Slapstick sowie ein Aogo im zweiten Frühling. Ein spielerisch überzeugender HSV mit 28 Punkten bescherte mir einen wunderschönen Montag. In diesem Sinne. Es gibt nur einen Verein im Norden. HAMBURGER SPORT VEREIN. Es war schön mit euch gestern. Frankfurt wartet und mein Motto ist wie so oft dasselbe.

Kämpfen und siegen. NUR DER HSV.

Auf 28 Punkte
Christian E.

Van der nun?

So, das Wochenende ist rum und außer Spesen ist mal wieder nix gewesen. Das Auswärtsspiel in Bremen stand an und circa 3000 hsver folgten dem Ruf des Auswärtssieges.

Und dann das, der optische Neuzugang des HSV betrat das Stadion. Schön, dass du zurück bist Sylvie, wir haben dich mehr als vermisst.

Ja, er ist wieder da. Wie man ja schon allen Meldungen entnehmen konnte ist unser Blonder Engel, unsere 23, unser Rafael wieder zurück in der Hansestadt. Champions League, deutsche Meisterschaft? Ja, es ist alles wieder drin, dank euch Medien. Ach Nein, wie war die Frage „Besitzt van der Vaart auch einen Vertrag für Liga 2“. Er hat 3 Jahre Vertrag, dass sagt doch alles oder nicht?  Auf jeden Fall sollte aber auch etwas Skepsis angebracht sein. 13 Millionen für van der Vaart,  4,5 Mille für Badelj, 4 Mille für Jiracek, und 3,5 Mille für Rudnevs macht zusammen 26,5 Millionen? Einnahmen aus Transfers  6 Millionen. Wer rechnen kann, der weiß Bescheid.  Für einen Verein, der sparen wollte und muss, eine stolze Summe. Und bevor jetzt wieder die Unmutsrufe kommen „besser als absteigen“ – ja, das kann man so sehen, aber man sollte auch das Risiko nicht vergessen, das dahinter steckt.
Was wäre denn im Fall eines Abstiegs? 2te Liga? Denken wir nicht drüber nach, da es wohl nicht eintreffen wird. Schon klar. Aber aber aber. Was mich beim Van der Vaart-Transfer am meisten stört, ist, dass er uns finanziert wurde. Zinsloses Darlehen. Danke. Herr Kühne war so gnädig, uns den Spielmacher von den Tottenham Hotspurs zu finanzieren. Herr Kühne? Ein Investor? In Hamburg, dem traditionsreichsten aller Bundesliga-Vereine? Ja, und zwar nicht das erste Mal.
Kämpfen nicht alle dagegen in der Bundesliga? Hört man nicht ständig von der 50+1-Regel? Werksclubs werden finanziert von großen Konzernen. Schimpfen nicht alle über die TSG Hoffenheim oder Red Bull Leipzig, Bayer Leverkusen und dem VFL Golfsburg. Wie oft habe ich es schon gehört im Stadion. Scheiß TSG Hoppenheim, Retortenclub usw, ja und vor allem in unserem Block.
Und nun? Machen wir nichts anderes als die? Umgehen wir nicht auf moderne Art und Weise diese Regel?  Wo bleibt die Tradition? Werden die Tradition und die Werte, die man pflegt und auf die man sich beruft, nun einfach aufgegeben, nur um in Liga eins zu bleiben? Wird alles auf eine Karte gesetzt, damit wir Oberhaus bleiben dürfen? Wer seine Werte und Traditionen aufgibt, dem muss ich ehrlich sagen: Dann lieber ein Jahr zweite Liga. Aber ich stehe eventuell mit meiner Meinung  ziemlich alleine da, oder? Lieber traditionell in Liga 2 als ein Abbild der TSG werden!! Trotzdem, schön dass du wieder da bist Sylvie, äh, Rafael. Was ein Zwiespalt, meine lieben Fußballfreunde.

Abschließend auch ein paar Zeilen zum Spiel. Es waren einige Verbesserungen zu sehen und nach 2 Tagen die dazwischen liegen sieht man es auch schon etwas gelassener.. Jiracek und Badelj standen in der ersten Elf und haben direkt ihre Klasse in mehreren  Situationen unter Beweis stellen können. Jiracek, wie Jarolim ein Kämpfer vor dem Herrn, zweikampfstark, bissig und technisch gut. Vergessen wir mal den Fehler vor dem 0:2, denn das  kann passieren. Mund abwischen und abhacken. Zu Badelj  muss ich sagen, der hat mir gut gefallen in vielen Aktionen. Sehr hohe Passgenauigkeit, Übersicht und Zweikampfstärke. Schade, dass er zur Pause verletzt raus musste. Auf den freue ich mich.
Und welch Segen, Heiko Westermann nicht mehr auf der 6 sehen zu müssen. Jetzt kann er wenigstens nur noch Schaden im defensiv bereich anstellen und nicht mehr im Spielaufbau. Wie würde Heiko, ein HSV Fan und Freund jetzt rufen „Heiko ist der Westermann der Welt“ Ironie oder Schicksal? Danke Herr Fink. Endlich mal ein taktischer Meisterzug. Bruma auf rechts hat potenzial. Der hat mir auch recht gut gefallen. Bulliger Typ , zweikampfstark und mit Zug nach vorne. Das könnte was werden, aber gleich mehr.

Naja, und Herr Aogo. Lassen wir Kritik mal weg. Das war einfach nur schlecht. Das Verhalten im 16 Meter Raum erinnerte mich an Michael Schanze aus 1,2 oder 3. „Ob ihr richtig steht, seht Ihr wenn das Licht angeht“ Tja Herr Bruma und Herr Aogo. Vielleicht sollte man euch beiden eine Baulampe um den Kopf binden, die euch zeigt ob Ihr wirklich richtig steht, wäre eine Idee !! Und zu guter letzt gibt es auch ein paar Liebesgrüße. An Monsieur Adler, das war Weltklasse. „Man of the Match“ war wieder mal ein Torwart. Shit happens.
Auf geht es zur Eintracht aus Frankfurt. Dem Tabellen zweiten .Frankfurt ist  immer ein Reise Wert. Direkt vor der Tür, Geile Stimmung, tolles Stadion und Apfelwein.  Dann gibt es auch wieder einen Live bericht bevor es an die Olympische Riviera geht. Wenn ich gut bin, dann bringe ich einen griechischen arbeitslosen Stürmer mit. Denn was Berg kann, kann ein Grieche schon lange.

Eine schöne Woche für meine Leser.

Es grüßt aus dem Tabellenkeller,

Christian E.