Love is in the Air

Liebe Spieler des Hamburger-Sport-Vereins,

ich möchte euch in diesem Brief ein paar Zeilen zukommen lassen. Ich bin auch heute noch total sprachlos über das Spiel, sowie über eure Leistung und den damit verbundenen, grandiosen Auswärtssieg in Nürnberg. Ich muss zugeben, dass mir selten die Worte fehlen, doch diesmal habt ihr es geschafft. Ich war es gewohnt, in den meisten meiner Artikel nur negativ über euch zu schreiben und ich bin mittlerweile sehr geübt in diesen Schriften. Darum fällt es mir nun umso schwerer die passenden und lobenden Worte zu finden, die eurer spielerischen Darbietung gerecht werden. Ihr habt mich, wie viele tausend andere HSV-Fans verzückt und die Lust auf die kommenden Spiele neu entfacht. Ich war frustriert und zutiefst betrübt über eure Auftritte in den zurückliegenden Monaten. Ich glaubte eher an den Weltfrieden, als an ein zu-Null-Spiel in einem Auswärtsspiel mit eurer Beteilung.

In Nürnberg habt ihr uns verzaubert. Ihr habt mich vor Freude erstarren lassen und mich über 90 Minuten nie an euren Sieg zweifeln lassen. An diesem Sonntag war euer Spiel wie aus einem Guss. Ihr habt Fußball über 90 Minuten zelebriert. Die Fehler des Gegners wurden eiskalt ausgenutzt. Die Frage die ich mir nun stelle? Was war los mit euch?  Ich bin total irritiert von eurer Vorstellung. Ein Artist im Zirkus hätte keine bessere akrobatische Vorstellung abliefern können. Ich bin immer noch so irritiert, dass ich den Duden in meinen Händen halte, um nach Worten zu suchen die eure Leistung würdigen.

Ich bin einer derer, die euch nach schlechten Leistungen das durch meine Texte hat spüren lassen. Wie ihr mir- so ich euch, war meine Einstellung. Was ihr könnt, das kann ich auch, so dachte ich. Und jetzt? Nun stecke ich in einem Dilemma. Ihr habt eine Leistung vollbracht, die ich als Fan, als eine unbeschreibliche Leistung ansehe, dass ich nun mit meinen Worten nicht folgen kann. Ihr habt mich so überrascht, dass ich mich soeben in der Volkshochschule für einen Deutschkurs angemeldet habe. Titel: Deutsche Schrift in einem positiven Schreibstil- Fachrichtung Hamburger SV. Wie ihr lesen könnt. Ich bin baff. Ich bin wie frisch verliebt. Rosa Wolken. Die Vögel zwitschern trotz bewölktem Himmel an einem regnerischen Tag wie heute. Mein Lachen erlischt einfach nicht. Das Feuer in mir lodert und hält dem stärksten Orkan stand. 0:5. In Worten: Null zu Fünf.

Die ersten Neider sprachen schon. Es war doch nur Nürnberg. Mag sein, dass es NUR Nürnberg war. Doch das Wie und der Wille an diesem Tag, waren das Hissen der Segel in die richtige Richtung. Ich wünsche mir, dass es keine Eintagsfliege war und das die Medien in Hamburg jetzt nicht den kommenden deutschen Meister in euch sehen. Der erste Stein ist gesetzt, darum würde ich mich über einen Gefallen freuen. Bleibt ruhig und spielt so weiter. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Ich bin nun voll des Lobes. Ich danke euch für 90 Minuten der Extraklasse. Ich danke euch für 90 Minuten in denen ihr meine gebeutelte HSV Seele ins blaue Meer der Glückseeligkeit geleitet habt und den Ozean der Freude in mir neu entfachen konntet.

Ich möchte keinen einzelnen Spieler hervorheben, weil ihr an diesem Tag ALLE, vom Torwart bis zum Zeugwart, alles gegeben habt. Nach dem Dortmund Spiel habe ich über euch geschrieben: Ihr seid es nicht wert dieses Trikot zu tragen. Für das Spiel in Nürnberg revidiere ich meine Meinung gerne.  Die Hoffnung in mir zeichnet einen blauen Himmel daher. Ich sehe blaue Zeiten ohne schwarze Wolken. In zwei Wochen geht es weiter. Genießt die Zeit bis zum nächsten Spiel. Schaut in den Spiegel und ruft hinein: Wir schaffen es.

Wir sehen uns in Freiburg. Verblüffende Grüße von einem kleinen Fan
Christian E.

So, genug der Schmatzerei

Jungs, dass war Weltklasse.  Ihr habt es geschafft, dass ich umgeben von meinen HSV-Freunden eine Gänsehaut bekam. Ihr habt es geschafft das ich in tausende von ungläubigen Augen sah, die alle nicht glauben konnten was auf dem Spielfeld geschah. Die Meute um mich herum war ein Kollektiv des Ausrastens. Die Menschen waren glücklich und zufrieden. Sie strahlten die Freude aus, die ihr uns in den vergangenen Spielen in aller Regelmäßigkeit vermiest habt. Nachdem ich so oft über euch schimpfen musste in den letzten Monaten.Wo Ihr uns mit katastrophalen Leistungen nahe zu schon verwöhnt habt, ihr Auftritte an den Tag gezaubert habt, wo unsere Gesichter schwärzer wurden als die eines Kumpels der nach getaner Arbeit aus dem Stollen kommt. Ihr habt mich so altern lassen, dass ich nun mehr graue Haare habe als Lindsey Lohan je Alkohol trinken kann.

Ich weiß noch wie ich letztes Jahr in München im Stadion stand und den schwangeren Bauch meiner Freundin streichelte, um meinen ungeborenen Sohn zu beruhigen und zu ihm sprach: werd bloß kein HSV Fan.

Doch, wer euren Galaauftritt am Sonntag miterlebte, im Stile einer absoluten Spitzenmannschaft, da sprach ich am Sonntagabend erneut zu meinem Sohn. Er lag in seinem Supermann Outfit auf dem Sofa und ich flüsterte ihm ins Ohr: Du wirst auf jeden Fall ein HSV Fan. Er lächelte.

Olli Kahn würde sagen: Weiter, immer weiter. Andy Möller sagt dazu: Mailand oder Madrid, egal. Hauptsache Italien. Ich sage. Danke für drei wundervolle Punkte. Ich bin nun wieder motiviert und voller Energie. Stuttgart heißt der nächste Gegner.

Kämpfen und siegen. NUR DER HSV.

Hochachtungsvoll
Christian E.

PS: Was EIN Spiel in mir wieder alles entfachen kann. Herrlich. Tausend Küsse an Pierre Michel Lasogga. Auf den nächsten Dreier. Bitte, legt nur einmal nach. BITTE 😉

Die Taschenlampen App

Im Grunde genommen ist es Jahr für Jahr dasselbe Gefühl. Wenn es heißt: Eintracht Frankfurt – Hamburger SV. Für mich als gebürtigen Hessen, der in der kleinen schönen hessischen Kleinstadt Limburg an der Lahn geboren wurde und dort die ersten Jahre seines Lebens lebte, bedeutet das Spiel gegen die Eintracht immer einen kleinen Zwiespalt. Man könnte es auch mit dem Gang nach Canossa vergleichen. In meiner Jugend war ich fast jedes Wochenende in der Bankenmetropole unterwegs und lernte die Stadt Frankfurt aus vielen Blickwinkeln, sowie in verschiedenen Gemütszuständen kennen. Wer die Commerzbank schon einmal hat Tanzen sehen, früh am Morgen- der weiß Bescheid.

Vergangenen Samstag war es dann wieder so weit. Aus der Landeshauptstadt von Hessen reiste ich ins 35 Kilometer entfernte Städtchen am Main. Da ich an diesem Tag die Hinreise alleine hinter mich bringen musste, verzichtete ich auf jegliche Fanutensilien. Ich weiß nicht wie es anderen Fans aus unterschiedlichen Fanlagern ergeht die alleine nach Frankfurt Reisen? Ein ungutes Gefühl ist ein ständiger Begleiter. So wartete ich am Bahnsteig Wiesbaden-Ost auf die S-Bahn und flößte mir den ersten Schoppen des Tages ein. Beim Betreten der Bahn, vielen mir sofort die zahlreichen HSV Fans auf und in mir sprudelten die ersten peinlichen Gedanken. Ich ging tief in mich hinein. „ Bist du ein Mädchen, Christian. Ziehst keinen Fanschal an, vor Angst in die Fänge wilder Frankfurter Totschläger zu geraten, die dich in eine Ecke der Bahn werfen, deine Schuhe klauen, deinen Fanschal beschmutzen und dich mit dem Kopf aus dem fahrenden Zug hängen, nachdem man die Scheibe mit deinem Kopf eingeschlagen hat“.  Ja, dass Leben als frisch gebackener Papa hat so seine Tücken. Den kleinen Fratz nun immer im Hinterkopf, galoppiert man vorsichtiger durchs Leben.

Frankfurt wurde ohne Blessuren erreicht und so marschierte ich in den Gästeblock um mich mit meinen Mitstreitern Heiko und Peter wie verabredet im Block zu treffen. Da meine beiden Leidensgenossen an diesem Tag mit der ganzen Familie anreisten und sich dadurch etwas verspäteten, suchte ich mein Glück im Alkohol. Als der Alkohol seine volle Wirkung entfaltete, der Angstschweiß wieder trocknete, sah ich zu meiner Überraschung Kevin aus Hamburg. Kevin, ich kann mich zwar nicht mehr an alles erinnern über was wir redeten, aber es war lustig.

Je näher der Anpfiff kam, umso erstaunter war ich, dass noch keine Stimmungsmacher den Weg in den Block fanden. Der einzige der verlassen auf dem Zaun hing war unser Vorsänger. Als Kevin sagte: „der guckt schon als nervös auf sein Handy“. Da konnte ich erahnen das irgendetwas nicht stimmte. Keine Fahnen, keine Trommeln und keine Stimmung.  Als der Anpfiff ertönte und die Gesänge, die die Kurve beschallen sollten ausblieben, überlegte ich, ob es am überhöhten Alkoholkonsum lag, oder sich die aus dem nichts gebildeten Gesänge verschwommen anhörten. Ohne Bildung einer musikalischen Einheit, querbeet, von oben nach unten. Es war ein Grauen. Wo wart ihr denn? So wie ich hörte hat man viele von euch nicht in das Stadion gelassen. Andere waren womöglich an der Schlägerei an der Autobahn A5 beteiligt.  An diesem Abend wurde mir wieder einmal deutlich wie abhängig wir von einem Mann auf dem Zaun und seinen Gehilfen sind. Stimmungstechnisch war es an diesem Abend in Frankfurt fürchterlich. Nürnberg wird hoffentlich wieder besser.

Eigentlich konnte es nun nur besser werden. Unser neuer Holland Coach, der Bert- Gott habe ihn gnädig und ermögliche ihm eine längere Trainerzeit, entfachte in vielen Spielern ein neues Gefühl. Laut den Aussagen der Spieler war es die richtige Entscheidung. Unsere Kicker strahlten wie mein kleiner Sohn wenn er gebadet wird oder wie unser Nachbarkind beim spielen von GTA. Neuer Trainer, neues Glück, doch das alte Spiel. Gähn. Das, was an diesem Tag gepasst hat war eure Moral und eure kämpferische Einstellung.  Das Spielerische wird euch euer neuer Lehrmeister wohl hoffentlich zügig beibringen. Ein Punkt in Frankfurt, Olé. Der jüngste auf dem Feld: Jonathan Tah, mein Hoffnungsschimmer in unserem Abwehrchaos. Klasse Leistung Junge. Wenn jetzt noch Heiko Westermann seine Schuhe an den Nagel hängen würde, dann glaube ich auch wieder an ein zu Null Spiel in der Bundesliga.

In der Halbzeit kam dann das Highlight des Tages. Nachdem ich endlich meine HSV-Genossen, Heiko und Peter mit ihren Familien begrüßen konnte, führte mich im Anschluß der direkte Weg auf die Toilette. Da stand ich nun, erledigte meine Notdurft und blickte im Gefühl der Erleichterung nach links. Ich konnte es kaum glauben wer neben mir stand. Mein ehemaliger Chef: Dominik. Im Freudentaumel über das Wiedersehen, umarmte ich ihn inmitten aller anderen, die Hände unrein und die Hose noch halb offen. Alkohol oh Alkohol.

Weiter ging es mit der zweiten Hälfte, die ich fortan aus gefühlten vier Augen sah und mich über 6 Schiedsrichter und 44 Feldspielern wunderte. Sachen gibt es. Ein hoch auf den Hopfen.

Als Jansen kurz vor Ende der Partie das moralische 2:2 erzielte war ich ein klein wenig Zufrieden. Im Pokal sind wir eine Runde weiter. In der Liga haben wir nun 5 Punkte. Es geht bergauf.

Auf dem Weg in Richtung Auto, durch den düsteren Riederwald zückte ich gekonnt mein Smartphone und  aktivierte die Taschenlampen App. Ich blickte in zwei strahlende Gesichter. Peters Jungs guckten mich an und sagten beide im Chor, voller erstaunen: „Cool, du hast eine Taschenlampen App“.

Ja, meine kleinen. Was wir Erwachsenen so alles mit uns führen. Erstaunlich, oder?  Jetzt freue ich mich auf Nürnberg. 

Auf drei Punkte. NUR DER HSV

Christian E.