Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, warum mir heute, am Dienstagmorgen die Augen immer noch so schmerzen? Kündigt sich ein Grauer Star an, oder nimmt die Sehstärke ab? Liegt es an dem Spiel von letztem Samstag. Schmerzen meine Augen immer noch von dem Gruselkick gegen die Kicker aus Sinsheim? Schlagen solche schlechten Spiele auf mein Sehvermögen nieder?

Es fing doch alles so toll an. 6 Tage zuvor beim Auswärtsspiel auf Schalke waren viele überrascht und rieben sich verwundert die Augen: Spielte dort tatsächlich unser HSV? War das wirklich unser HSV, der ein streckenweise überragendes Spiel an den Tag legte? Der Pessimismus, den die Vorbereitung und das DFB-Pokal-Spiel verursachten, verwandelte sich in einen Schimmer von Optimismus. Wer so gegen Schalke spielt, der besiegt die TSG allemal. Hust.

Am Samstag nach dem Spiel gegen Hoppelheim war mir klar: Wirklich viel geändert hat sich nicht. Während auf Schalke eine neue Mannschaft bestaunt und bejubelt werden dufte, legte die Offensive ein Zeichen des Herrn an diesem Sonntag dar. So fragte ich mich nach dem Spiel am Samstag gegen die SAP-Kicker: War die Woche zuvor Schalke so schlecht, oder wir so gut? Der Grund liegt nahe. Schalke und der HSV dürfen sich die Hände reichen. Da muss ich unserem Vorsitzenden, Carl Edgar Jarochw zustimmen. Er sagte vor der Saison: „Wir sind auf Augenhöhe mit Schalke.“

Mir ist bekannt, dass erst 2 Spieltage gespielt wurden und noch eine Menge Punkte vergeben werden. Genauso wäre es ein leichtes Unterfangen über die Gurkentruppe, die am Samstag auf dem Feld stand, zu lästern und zu mosern. Wenngleich es seine Berechtigung hätte. Doch geht das so einfach? Dieselbe Mannschaft wie gegen Schalke stand am Samstag gegen Hoppelheim auf dem Feld. Ohne Stürmer, dafür erneut mit hängender bzw. durchhängender Spitze. Es erinnert vieles an den Start der vergangenen Saison. Nur mit dem Unterschied, dass wir nicht mit drei Niederlagen starten, sondern schon einmal Pünktchen auf der Habenseite verbuchen dürfen.

In einem sind wir Spitzenreiter. Wie seit der Saison 1987/88 nicht mehr kassierten wir bisher in zwei Spielen 8 Gegentore. Endlich mal wieder ein Rekord. Erinnert ihr euch noch, wer damals im Tor stand? Der legendäre und als „Fliegenfänger“ abgestempelte Mladen Pralija. Und heute? Deutschlands Nummer 2 René Adler. Was passiert denn, wenn wir das dritte Spiel bei der alten Dame aus Berlin erneut verlieren? Spielen wir dann endlich wieder mit einem Stürmer oder durchhängender Spitze weiter? Der Auftritt von Samstag erinnert mich an letzte Saison. Lustlosigkeit, null Tempo und Überheblichkeit.

Findet vielleicht Dennis Aogo einen neuen Star auf Mallorca? Nach der knappen Heimniederlage verschwand er per Flieger in Richtung Insel. In diesem Fall kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Was gibt es mit seinem Berater nach so einer Klatsche jetzt Wichtiges auf Mallorca zu beraten? Er sollte sich lieber Gedanken machen, wie solche Leistungen zustande kommen, die Fußballschuhe anziehen und extra Einheiten auf dem Platz absolvieren. Und das zählt für das gesamte Team. Aber ich weiß. Freizeit ist Freizeit.

Denn unser Trainer Torsten Fink gab den Spielern zwei Tage frei. Er sagte: „Ich kann die Spieler jetzt erst mal nicht sehen.“ Recht hat er. Ich kann auch einige Spieler nicht mehr sehen, doch ich muss schon seit Jahren durch dieses Dilemma. Oder steckt Kalkül dahinter? Will T.F. jetzt sehen, wer die Situation angenommen hat, sich für die Leistung schämt und freiwillig ein paar extra Runden dreht oder das Tore schießen trainiert. Wie ein Pass zelebriert wird, wie taktisches Verhalten auf dem Spielfeld funktioniert und nicht wie ich bei Louis Vuitton an der Kasse als Erster durchmarschiere. Das wäre ein Zeichen gewesen.

Doch wir sind in Hamburg. Spieler hätte er nicht angetroffen. Der Einzige, der trainierte, war unser Tormann, René Adler. Selbst die Spatzen pfeifen nicht mehr von den Dächern, sondern flogen weiter nach Brähmen. René Adler im Anschluss nach dem Debakel: „Mir tun die Fans leid, die für so etwas auch noch Geld bezahlen“. Herr Adler, ich kann sie beruhigen. Es war ja nicht das erste Mal. Menschen sind Gewohnheitstiere.

Was machen die Spieler in den zwei freien Tagen? Der eine ist aufgeflogen. Dank eines „Leserreporters der Bild“ wurde bekannt, er macht den Abflug nach Malle. Gestehen wir es ihm zu. Die Saison ist ja auch schon fast am Ende und anstrengend. Was wohl unser Kapitän unternimmt, nachdem er die Binde achtlos nach seiner Auswechslung auf den Rasen warf? Werden mit seiner Perle neue Tapeten für die gemeinsame Wohnung ausgesucht? Übt ein Heiko Westermann auf der Playstation Zweikampfverhalten? Ich weiß es nicht.

Wir sollten den Slogan von Audi übernehmen: Vorsprung durch Technik. Wer unsere Techniker jedoch spielen sieht, der ahnt: Bei denen würde ein Audi nach einem Kilometer schon vor Antriebslosigkeit liegen bleiben.

Oliver Kreutzer sagte vor Tagen: „Einige sollten weniger Gucci-Taschen kaufen, sondern sich auf das Wesentliche konzentrieren – auf Fußball“. Viele Spieler schauten in der Kabine verwundert in den Spiegel. Mist, ich bin ja Bundesligaprofi.

Zudem das Gepose um die Vertragsverlängerung von Diekmaier. Ein Aufsichtsrat, wo die linke Hummel nicht weiß, was die rechte macht sowie Fans, die sich untereinander auf die Fresse hauen während des Spiels gegen die TSG. Willkommen in Hamburg.

Mein Fazit: Wer immer über den FC Hollywood in München gelacht hat, der erlebt in Hamburg den FC Bollywood. Denn mehr Kitsch geht ja gar nicht mehr. Es sollte sich endlich einiges ändern. Doch das sollte es auch schon im letzten Jahr und im Jahr zuvor, wie auch in dem Jahr zuvor. Geändert hat sich nichts. Die einzige Konstante, die bleibt, ist die des Versagens.

Und wenn sie nicht….bla bla bla.

Viel Spaß in Berlin. Und macht bitte keinen auf Frankfurt.

In diesem Sinne. NUR DER HSV. Kämpfen und siegen.

Christian E.

Zaungast
Zaungast

Ein ganz normaler Sonntag im Wilden Osten

Stadionromantik
Stadionromantik

Neulich im Büro:

Die Sensation ist perfekt. Der Hamburger SV zieht in die zweite Runde des Deutschen Fußball-Pokals ein. Nach einem Spaziergang in Jena – gegen den immerhin amtierenden Thüringen Pokal-Gewinner 2013, den Fünftligisten TSV Schott Jena – gelang ein überzeugender 0:4-Kantersieg. Den Zuschauern bot sich über 90. Minuten ein einseitiger Kick. Der Hamburger SV dominierte die Partie nach Belieben, legte ein bis dato so nie gesehenes Pressing an den Tag, das dem Favoriten aus Jena sowie den Zuschauern im ausverkauften Ernst-Abbe-Sportfeld vor der Rekordkulisse von 120.000 Zuschauern der Atem stockte. Bei herrlichem Sonnenschein und Freibier im Gästeblock war die Stimmung grandios. Aufgrund der Vorkommnisse auf dem grünen Rasen, der englisches Niveau besaß, war das Topspiel ein Spektakel der Extraklasse.

Die Scouts vom FC Barcelona, Real Madrid und dem FC Bayern München kritzelten ihre Notizbücher mit Hinweisen auf die Stärken der Spieler des HSV so voll, dass sich aufgrund des vielen Schreibens die Bleistiftspitze entzündete, ein Feuer sich entwickelte. Die Scouts wurden des Stadions verwiesen und müssen eine Anzeige wegen des Abbrennens von Feuerwerkskörpern in Kauf nehmen. Obendrauf wird ein mehrjähriges Stadionverbot erteilt. Da die Flutlichtmasten aufgrund der schlechten Witterung der vergangenen Monate diesem Spiel nicht beiwohnen konnten, entwickelte sich für alle anderen Augen sichtbar ein Feuerwerk aus Kreativität, Spielfinesse, Ballerorberung, schnelles Umschaltspiel sowie einen Torriecher beim auf der Bank sitzenden Rudi Rudnevs, so dass sich die Flutlichtmasten im Hintergrund des Stadions vor Aufregung und Spielgeschwindigkeit im Zickzack bogen.

Die Security-Mitarbeiter, kleine schmale liebenswerte Geschöpfe, standen applaudierend auf den Zäunen und buhten ihren Verein – den TSV Schott Jena – aus und raubten herumstehenden Veteranen die Trikots, Schals und Mützen. Im Rausch der Gefühle  kündigten alle mit sofortiger Wirkung ihren bestens bezahlten Job und begleiteten den HSV-Tross nach Hause in die Hansestadt. Nachdem das Freibier schon zur Pause ausgeschenkt wurde, organisierten die Hausherren zum Dank für die spielerische Überlegenheit und faszinierende Spielweise weitere 10.000 Liter Freibier, die vom umliegenden Kiosk, „Attakan“ geliefert wurden.

Auch heute fehlte den Stadionbesuchern, die zum größten Teil mehrere hundert Kilometer Anfahrtsweg hatten, die Partie Live im Stadion verfolgen durften, die Sprache. Im näheren Umkreis mir bekannter Bekannten dreht sich auch Tage nach dem Spektakel alles nur um diese Party auf dem Rasen. Es klingt wie: Wer wird Deutscher Meister? HA HA HA HSV.

Es klopft an der Bürotür und stürmt herein:

„Träumst du schon wieder während der Arbeitszeit Christian? Oder warst du wieder an meinem Schreibtisch und hast an der grünen Dose genascht? Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du die Finger von der Dose lassen sollst. Lies doch mal was du da geschrieben hast? Das können wir nicht veröffentlichen. Was hast du denn für Augen? Meine Güte. Wir müssen reden, komm in mein Büro.“

Stunden später … die Wahrheit. Wollt ihr sie wirklich wissen?

Es war zuerst recht feucht. Die Stadtgrenze von Jena war in Sichtweite, da ergoss sich eine Ladung wie aus Gießkannen vom Himmel herab und brachte Erdmassen ins Rutschen. Die A4 glich einem Fluss aus brauner Farbe. Der Weg zum Stadion war ebenfalls nass. Ich zog meine Schuhe aus, damit ich die Pfütze, die die ganze Wegesbreite überzog, durchqueren konnte, um zu den Stadiontoren zu gelangen. Ich ging barfuß an der grünen Staatsmacht in Richtung Eingang vorbei.

Endlich angekommen, begrüßte mich eine Mischung eines exzellenten Duftes: Schweiß und nasse Klamotten. Freie Oberkörper. Riecht wie nasser Hund. Endlich wieder Stadion. Doch als  ob das nicht genügte, stand ich nun da, umgeben von drei netten Damen, die Fußballsachverstand nur so ausstrahlten – die eine mit einer Trillerpfeife, ihre Freundin blies Seifenblasen in den Himmel über Jena. Das Spiel begann und ein Farbenspiel aus verschiedenen Farben verschönerte den Block. Anpfiff.

Etwas Farbe an dem grauen Tag
Etwas Farbe an dem grauen Tag

Was durfte ich erwarten? Vom Papier natürlich einen klaren und hohen, sowie technisch einen schön heraus gespielten Sieg. Gegen einen Fünftligisten. TSV Schott Jena. Das Gute an dem Ganzen: Da ich stand, konnte mich wenigstens nichts vom Hocker reißen. Was es auch nicht tat. Chancen waren da und wurden kläglich vergeben. Der Fünftligist fightete und wir hielten dagegen. Pause: 0:0. Wahnsinnskick.

Ehrentribüne
Freien Blick auf die Landschaft
Freien Blick auf die Landschaft

Als ich zufällig Kevin traf, war das der erste Lichtblick an diesem Tag. Somit musste ich das ganze Theater nicht mehr mit mir alleine ausmachen. Doch als Kevin in der 70. Minute sagte:  „Eine Verlängerung habe ich aber nicht eingeplant“… Kann sich nun jeder denken: ich wurde stutzig. 70. Minute 0:0. Im Block stimmte man schon vor Langeweile einen Gesang an, der Potenzial für mehr hat:

Zieh das Hemd in die Hose, zieh das Hemd in die Hooose, zieh das Hemd in die Hoose. Hemd in die Hose

In Anspielung auf eine etwas, sagen wir, leicht kräftigere Dame der Sicherheitseinheit, die Ihr Hemd locker leger aus der Hose hängen ließ,. Als im Anschluss der Klassiker gesungen wurde:  Wer wird deutscher Meister? HA HA HA HSV.

Da hatte auch der eingewechselte Rudi Rudnevs ein Einsehen mit den mitgereisten HSV-Fans und erzielte innerhalb vier Minuten einen Doppelpack. Ich traute meinen Ohren nicht. Alle mitsingen jetzt.

Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom,
in Kopenhagen schellt das Telefon,
vielleicht nach Rotterdam,
vielleicht nach Mailand,
vielleicht auch Teneriffa eine Woche Sandstrand!
Europapokal, Europapokal…

Die Stimmung war ausgelassen und als VDV das 0:3, sowie unser neuer Top-Torjäger vom FC Basel, Zoua, das 0:4 klar machten, waren wir eine Runde weiter. Zoua, ich wusste, der kann was. Wer in 25 Spielen als Stürmer ein Tor erzielt, der passt zum HSV. Die weiteren Highlights des Tages: Bremen und St. Pauli raus. Und wir sangen: Berlin, Berlin wir fahren nach Berlin.

Wenn ich das jetzt so schreibe. Dann denke ich mir nur: Hoffentlich wird das nicht bestraft. Es lag zwar eine Menge Sarkasmus in den Gesängen, aber für andere wird es reichen, es uns um die Ohren zu hauen bei Bedarf. Doch da ich Fan der Rothosen bin, weiß ich: Es wird bestraft. Endlich Schlusspfiff. Die Spieler glitten noch am Zaun entlang und ich verabschiedete mich von Fredo und Kevin. 340 Kilometer lagen jetzt noch zwischen Jena und meiner Heimat. Ich saß noch keine Fünf Minuten im Auto, als im Radio die Meldung kam

Die A4 ist in beide Richtungen voll gesperrt. In Fahrtrichtung Frankfurt sind aktuell 13 Kilometer Stau. DIe Polizei kann noch nicht sagen, wann die Autobahn wieder freigegeben wird, da die Reinigungsarbeiten noch andauern.

Applaus. Der Grund lag auf der Hand. Da die Autobahn unterhalb der riesengroßen Baustelle liegt, wo zwei riesige Tunnel gegraben werden, um die Autobahn zu verlegen, weichten die Regenmassen den Boden auf und dieser fegte in Form von schlammigem Wasser über die A4 hinweg.

Da mein Navigationsgerät im Handy nichts weiter anzeigte als: GPS Signal wird gesucht, war mein Plan entlang der Autobahn auf leeren Landstraßen, winkend an den im Stau stehenden Teilnehmern vorbei zu fahren.

Als ich irgendwo zwischen Jena, Rödelwitz und Neuendorf im tiefsten Osten stand, ohne Ahnung wohin mit meinem Mietauto. Nach Rechts links oder geradeaus? Fragte ich im Apolder-Dorfkrug  verzweifelt nach dem Weg zurück zur Autobahn.  Die erste Reaktion des Wirtes:  Wie haben sie denn hier her gefunden. Und musste Grinsen!!

Gegen 0:00 Uhr war ich endlich Zuhause. 2 Runde DFB Pokal. Hauptsache weiter.

Ich:    Chef, so besser?
Chef: Lass mal gucken.

Fehlt nur noch das Unkraut für ein perfektes Bild
Fehlt nur noch das Unkraut für ein perfektes Bild

Ich verabschiede mich mit den Worten von Carl Edgar Jarchow: „Wir sind auf Augenhöhe mit Schalke und Wolfsburg“.

Sonntag. Schalke 04 gegen den Hamburger SV. Es geht los und ich bin ab sofort in Babypause.

In diesem Sinne. Kämpfen und siegen.
NUR DER HSV

Christian E